“Ein österlicher Lichtblick mitten im Herbst”

„Dieses Bild hier hat mein verstorbener Vater gemalt. Das ist mir heilig!“ erfahre ich bei einem meiner Hausbesuche von der Tochter. „Am Samstag mit der gesamten Familie zu frühstücken ist mir heilig“, erzählt mir eine leidenschaftliche Mutter. Mit großer Dankbarkeit beschreibt mir ein älterer Mann seinen heiligen Ort, eine stille Anhöhe mit weitem Blick über das Maintal. Am Abend miteinander zu beten sei ihnen heilig, vertraut mir ein ergrautes Ehepaar an. Ein Jugendlicher zeigt mir sein Handy. Das sei ihm heilig.

Für manchen ist es der Feierabend, die Sportschau oder der Urlaub. Dinge, Rituale, Zeiten und Orte wurden mir immer wieder genannt. Manchmal waren es aber auch andere Menschen, die einem heilig sind.

Wenn der Staub, der auf dem Wort heilig liegt, weggeblasen wird, entdecken wir, dass es eine Vokabel für etwas ganz besonders wertvolles ist. Sie bezeichnet eine einzigartige Kostbarkeit, die mit Ehrfurcht geschützt wird. Was heilig ist, ragt aus dem Gewöhnlichen heraus. Es ist herausragend. Und so möchte ich das Fest Allerheiligen verstehen. Gott sind alle Menschen heilig. Jeder und jede ist in Gottes Augen eine einmalige Kostbarkeit. Seine Kinder sind sein Schatz. Mit besonderer Ehrfurcht will er uns schützen und begleiten. Allerheiligen ist deshalb seinem Ursprung nach ein österliches und lebensbejahendes Fest. Aus diesem Grund gehen wir auch auf die Friedhöfe. Denn was Gott heilig ist, lässt er nicht in der Erde verrotten, sondern beschenkt er mit neuem und ewigem Leben. Wenn unser Herz aufhört zu schlagen, drückt unser himmlischer Vater sein Kind so liebevoll an sein mütterliches Herz, bis unseres wieder schlägt für alle Ewigkeit. Die Erstarrung ist überwunden und Leben kommt wieder in Bewegung. Dass an Allerheiligen die Menschen in Mexiko an den Gräbern tanzen, setzt unseren Glauben mit Schwung ins rechte Licht. Eine neue Leichtigkeit zieht bei den Menschen ein. Solche Feste brauchen wir. Das ist ein wunderbares Bild für unsere Zukunft: Gott fordert uns zum Tanz in den himmlischen Hochzeitssaal. Inmitten einer Zeit von schlechten Nachrichten ist das eine wahrhaft frohe Botschaft. Das letzte Kapitel unserer Lebensgeschichte wird im Himmel geschrieben, weil wir Gott heilig sind. Das gibt mir Kraft, auch in Zeiten großer Herausforderungen mit Zuversicht das Leben anzupacken und zu gestalten, beschwingt und mit einem tanzenden Herzen in der Brust. So und nicht anders will ich Allerheiligen feiern.

 

Mit frohem Gruß Euer Mitpilger Volker                                          Foto: Christian Lauf

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