Ein zärtlicher Gott

Menschen trampeln auf meiner Seele herum.

Aufdringlich fordern sie Einlass in mein innerstes Geheimnis.

Bedürfnisse prallen aufeinander.

Der Stärkere setzt sich durch und lässt den Schwächeren liegen.

 

Wunden und Narben sind mir geblieben.

So bin ich mit der Zeit verschlossen und hart geworden.

Härte hat mich einsam gemacht und kalt.

Ich friere!

 

Und doch suchen wir alle Wärme und Halt.

Ringen nach Geborgenheit und Verständnis.

Sehnen uns nach ein bisschen Liebe und Zärtlichkeit.

 

Du, Herr,  bist ein zärtlicher Gott.

Behutsam klopfst Du an meine Tür.

Bereit, geduldig zu warten, bis ich mich öffnen kann.

Meine Schwachheit hältst Du mir nicht vor.

Du trägst sie mit mir.

So darf ich das Tempo unseres gemeinsamen Weges bestimmen.

 

Mit Sorgfalt nimmst Du meine Gefühle wahr und weißt,

wie es in mir aussieht.

Es ist schön, dass du auch mein Schweigen teilst.

So wird die Stille zur Geborgenheit.

Du nimmst dir nicht meine Hand –

Du reichst mir die Deine.

So lasse ich mich freudig begleiten

und danke Dir für dein Mitgehen.

 

Ja, Zärtlichkeit will gelernt sein.

Das Gespür für den richtigen Augenblick.

Die Einfühlsamkeit, die den anderen in den Mittelpunkt stellt.

So rufe ich euch zu,

euch meinen Schwestern und Brüdern:

Lernt von unserem Gott!

Schenkt euch Aufmerksamkeit und Liebe.

Habt Geduld füreinander und nehmt den Schwächsten in eure Mitte.

So singt ihr das Lied der Zärtlichkeit.

Und die Welt verwandelt sich zum Lobpreis für ihren Schöpfer.

 

Froher Gesang war in diesen Tagen oft in der Pilger-Kirche zu hören. Die Kommunionkinder waren bei mir zu Gast und haben den Raum mit Leben geflutet. Mit jeder Gruppe durfte ich mir Gedanken über das Gebet machen, um diesen zärtlichen Gott zu erfahren. Dabei sind uns wundervolle Bilder geschenkt worden, die diese Begegnung zwischen Gott und Mensch beschreiben. Beten bedeutet, Gott eine SMS zu schicken, sich vom Vater im Himmel in den Arm nehmen zu lassen oder sein Herz auszuschütten. Beten ist keine fromme Übung, sondern gelebte Beziehung. Das haben wir schnell gespürt. Alles muss Platz haben dürfen zwischen Gott und Mensch. Frohes und Trauriges haben wir gemeinsam Gott hin gehalten und sind dabei als Gruppe zusammengewachsen.

Zum Schluss haben wir ein Experiment gewagt.

Die Kinder formten mit ihren Händen eine Schale und schlossen die Augen. Dann sollten sie dem Ton der Klangschale lauschen und in der Stille fest an Jesus Christus denken. Es war beeindruckend für mich zu erleben, wie sehr die Kinder sich Mühe gaben. Es war nichts zu hören! Absolute Stille! In ihre Hände habe ich dann unbemerkt ein Stückchen Watte fallen lassen. Schließlich ertönte wieder die Klangschale und die Kinder öffneten die Augen.

Die Watte haben sie zunächst gar nicht entdeckt. Doch als sie sie überrascht in den Finger hielten, haben sie das Gleichnis rasch begriffen. Gott gesellt sich ganz unscheinbar zu uns. Er kommt nicht mit großem Gedöns und mächtigem Brimborium. Auch wenn wir ihn nicht spüren, dürfen wir wissen, dass er ganz bei uns ist: oft zärtlich und unaufdringlich, wie der auferstandene Christus!

 

Mit frohem Gruß

 Euer Mitpilger Volker Krieger

 

                                                                                                                                                                                                                                Foto: Jürgen Mantel

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