Menschen brauchen Geschichten

32 junge Gäste - von Vorschulkindern bis zur vierten Klasse - haben die Pilgerkirche besucht, um am Leseabend der Gemeinde Knetzgau spannenden Geschichten zu lauschen. Mit Simson aus dem Alten Testament haben wir gemeinsam gejubelt und gelitten, geweint und gelacht.

Geschichten geben uns die Möglichkeit mit unserer Fantasie auf Reisen zu gehen. Unsere Träume und Sehnsüchte bekommen Flügel. Die Ur-Themen menschlichen Daseins werden ins Spiel gebracht und wir nehmen Teil am Schicksal unserer „Helden“. So werden die Herzen der Menschen geformt und wir werden fähig zur Empathie: Es wird mit- gefühlt, mit- geärgert, mit- gefreut und mit -gefiebert.

Diese Herzensbildung ist die Brücke von Mensch zu Mensch, auf der wir einander begegnen können mit allem, was uns bewegt. Die Regungen des Herzens miteinander zu teilen stiftet eine tiefe Gemeinschaft. Gleichgültigkeit hat hier keinen Platz.

Es ist wunderbar mit den Kindern im gemeinsamen Hören der Geschichte immer lebendiger zu werden und das Leben als Weggefährten zu erleben. Hier müssen wir nicht funktionieren, sondern haben weiten Raum, um leidenschaftlich Mensch zu sein. Deshalb brauchen wir Geschichten!

Mit einer kleinen Erzählung, die ich für einen Familiengottesdienst geschrieben habe, möchte ich schließen:

Ein Mann ging schlafen und träumte in der Nacht, er sei gestorben. Er sah sich vor dem Himmelstor stehen und stellte erleichtert fest, dass es einen Spalt weit offen stand. Entschlossen wollte er es weit öffnen um hindurch zu gehen; doch es bewegte sich keinen Millimeter. Also versuchte er sich durch die schmale Pforte zu zwängen. Aber mit all seiner Kraft konnte er nichts erreichen. Da kam ihm von der anderen Seite des Tores Petrus entgegen.

„Petrus“, sprach der Mann, „warum lässt sich das Tor nicht weiter öffnen? So komme ich nicht hindurch.“

Petrus antwortet: „Mein Bruder, jeder Mensch hat sein eigenes Himmelstor. Es bildet sein Herz ab. Manche Menschen haben zu Lebzeiten ein großes, weites und offenes Herz. Sie spazieren mit Leichtigkeit in den Himmel. Du aber hast dein Herz auf Erden wenigen Menschen geöffnet, und wenn, dann auch nur einen kleinen Spalt. Dein Himmelstor spiegelt die Weite deines Herzens.“

Im gleichen Augenblick erwachte der Mann und begann, sein Herz für seine Mitmenschen zu öffnen.

Foto: Beatrix Schnös

Kommentare sind deaktiviert

/ Zurück zu AKTUELLES