„Nicht zu fassen!“

In der griechischen Mythologie wälzt Sisyphos jeden Tag einen schweren Stein den steilen Berg hinauf. Oben angekommen rollt er jedoch wieder nach unten und alles beginnt von vorne.

Wer würde da kein Mitleid für Sisyphos empfinden. Immer diese Plage und Mühsal. Man kann das Ächzen und Stöhnen richtig spüren und fühlen. Doch je länger wir darüber nachdenken umso klarer entdecken wir uns selbst. Jeden Tag die gleiche Mühle, in der wir stecken. Immer wieder dasselbe Hamsterrad, in dem wir uns drehen und das nicht aufhören will. Ganz schwindlig ist uns davon geworden.

A. Camus hat diesen Mythos auf seine Zeit hin gedeutet und das Leben des modernen Menschen als absurdes Dasein bezeichnet. Wer wollte da widersprechen? Eigentlich ist das tatsächlich total hohl.

Noch verrückter wird es, wenn wir den Mythos danach befragen, was die Ursache dafür ist. Dann erfahren wir, dass Sisyphos von den Göttern bestraft worden ist. Doch uns haben keine Götter bestraft. Wir machen das freiwillig! Was ist da eigentlich los?

Die Beschleunigung des modernen Lebens in so vielen Bereichen lässt immer weniger Raum, um zur Besinnung zu kommen. F. Kafka hat es kurz nach dem Krieg so formuliert:

"Das Leben ist eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zur Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt."

Deshalb durchschauen wir diesen Unsinn nicht und machen einfach weiter. Die Stopptaste müssten wir betätigen.

B. Pascal sagt dazu schon im 17. Jahrhundert: „Das ganze Unglück der Menschen kommt aus einer einzigen Ursache: dass er nicht ruhig in einem Zimmer bleiben kann.“

Diese innere Unruhe treibt den Menschen an, ohne dass er mit seinem Herzen verbunden ist. Deshalb geht er an sich selbst vorbei. Er gleicht dem Mann, der sein Auto an der Tankstelle vorbei schiebt und auf die Frage, warum er nicht tankt, gereizt zur Antwort gibt, er habe keine Zeit und müsse schnell zum nächsten Termin.

Man möchte den Kopf schütteln, bis man sich selbst erkennt.

Jesus ist gekommen, um uns aus dieser Fremdbestimmung zu befreien. Er will uns erfülltes Leben schenken, hier und jetzt. Seine frohe Botschaft ist nicht auf ein Jenseits ausgerichtet, sondern gilt für heute. Dazu müssen wir das alte Leben aus der Hand geben und uns in seine Hände fallen lassen. Dann empfangen wir uns selbst und ein Leben in Fülle.

Es ist unglaublich beglückend, wenn Menschen auf den Pilgerhof kommen und diese Bereitschaft mitbringen. Dann wird immer von diesem Leben etwas erfahrbar. Der Mensch kommt zur Besinnung und zu sich selbst. Dann lösen sich Spannungen und es beginnt ein Geburtsprozess. Das ist der Auszug aus Ägypten, und der Anfang auf dem Weg in die Freiheit als Kinder Gottes.

Frei wie der Adler sollen wir fliegen. Wir dürfen uns nicht einreden lassen Hühner zu sein, die jeden Tag ein Ei legen sollen, damit andere daran verdienen können. Jesus macht uns Mut, die Schwingen wieder auszubreiten und uns im Aufwind des Heiligen Geistes emporzuheben, um zu fliegen. Manchen ist das zu unglaublich. Sie halten sich inzwischen für Hühner, weil die Flügel träge geworden sind und viele Muskeln sich zurückgebildet haben. „Habt Mut, ich werde Euch anfangs unter die Flügel greifen“, spricht Christus. Dann hört das endlose Gaggern auf Erden auf und in der Stille erklingt der selbstbewusste Schrei des Adlers zum Lobe unseres Schöpfers.

 

Euer Mitpilger Volker                                                                      Foto: Dorothea Krieger

 

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