Wenn Menschen zur Einkehr kommen und sich eine Auszeit gönnen, fällt oft Ballast von ihren Schultern. Sie freuen sich über die Ruhe und genießen das Nichtstun.
Doch kaum ist die erste Erschöpfung abgeklungen taucht die Angst vor der Leere auf. Das „Wofür“ und „Wohin“ ist nicht klar. Fragen nach dem Sinn erwachen und bedrohen den bisherigen Lebensstil. Ich selbst stehe plötzlich in Frage. Das ist die Wüste, die jeder Mensch zu durchwandern hat, bevor das gelobte Land am Horizont aufscheint. Davor schrecken viele Menschen zurück und brechen ihren eigenen Geburtsprozess ab. Mangels Klarheit über ihren Lebenssinn wird nun das Lebenstempo erhöht, um der eigenen Leere nicht begegnen zu müssen. „Ich weiß zwar nicht wohin ich will, aber dafür bin ich schneller dort“. Das führt zu einer sinnlosen Beschleunigung des Lebens, die nicht einmal mehr offen für die Frage nach einem übergeordneten Lebenssinn ist. Das ist wie bei einem Herzen, das so schnell schlägt, dass es gar kein Blut transportiert. Dann wird ein Leben hohl und blutleer.
Die Frage nach dem „Wohin“ und „Wofür“ wird in unserer Gesellschaft kaum gestellt, weil der Sinnhorizont nur noch innerhalb der materiellen Welt gesucht wird. Doch die Seele des Menschen fragt tiefer und weiter. Die Frage selbst gehört wesentlich zum Menschen dazu. Im Grunde ist sein Leben die Antwort auf diese Frage. Wir verantworten unser Leben, indem wir unsere Fragen leidenschaftlich leben. Dazu gehören auch leidvolle Geburtswehen. Doch ist das „Wofür“ nicht klar, gibt es auch keine Kraft Leiden durchzustehen.
Jesus Christus sagt, dass der tiefste Sinn die Liebe ist. Indem wir mit Liebe auf die Lebenssituation antworten, stiften wir Sinn. Dann sind wir im höchsten Maße schöpferisch tätig. Das bedeutet immer im Hier und Jetzt zu leben. Dann machen wir ernst damit, dass Jesus uns im Mitmensch begegnet. Unser Leben ist dann die Antwort auf das Leben, das uns gerade entgegenkommt. So wächst jeder Mensch in eine einmalige Partnerschaft mit Jesus hinein und wird zu dem, den Gott schon immer in uns sieht. Die Angst vor der Leere hat sich aufgelöst, weil Erlösung geschehen ist. Die Wüste ist durchschritten, der Himmel hat sich geöffnet.
Die Beschleunigung des Lebens ist demnach lebensbedrohlich, weil sie uns nur beschäftigt hält, aber vom Leben ablenkt. Also müssen wir eine Entscheidung treffen. Wählen wir das Geschäft oder das Leben. Bleiben wir geschäftig beschäftigt oder beginnen wir zu leben. „Ihr könnt nicht beidem dienen, Gott und dem Mammon.“
Der Wille zum Sinn ist den Menschen mit auf den Weg gegeben, wie der Wille zu lieben. Manchmal ist es erschreckend zu sehen, wie schon Kinder zugeschüttet werden mit toten Beschäftigungen, die jede Frage nach einem „Wofür“ und „Wohin“ ersticken. Wir haben eine unglaubliche Ablenkungsindustrie aufgebaut, um die Menschen beschäftigt zu halten. Gleichzeitig gibt es eine materielle Belohnungskultur, um Leistung aus den Menschen zu pressen. Dann brennen Menschen aus oder sind schnell zu Tode gelangweilt und können mit freier Zeit nichts anfangen. Also wird auch diese Leere wieder zugeschüttet, und der Kreislauf wird weiter beschleunigt. In einem kollektiven Schwindel taumelt die Gesellschaft irgendwo hin. Und ja, es stimmt, sie ist dann auch schneller dort. Mehr und mehr Menschen spüren das.
Ich will nicht dort hin. Deshalb will ich euch Mut zusprechen, da nicht mitzumachen. Ich weiß, das kostet seinen Preis. Aber den zahle ich gern! Das Dogma „Zeit ist Geld“ offenbart sich als Lüge. Ich habe weniger Geld, doch viel mehr Zeit. Das Credo „Du kannst Dir weniger leisten“, ist ebenso eine Täuschung. Ich leiste mir mehr Freiheit, mehr Spontanität, mehr Selbstbestimmung. Fürchte Dich nicht und nimm Dir Zeit für die Frage: „Wofür lebst Du?“
Mit frohem Gruß
Euer Mitpilger Foto: Volker Krieger