Die Frucht des Winters

Der Winter hat uns in diesen Tagen immer noch fest im Griff. Das schürt in mir die Sehnsucht nach Frühling umso stärker. Und während ich meiner Sehnsucht freien Lauf lasse und mich frage, ob es die Jahreszeiten auch in unserer Kirche und im Leben jedes Menschen gibt, betrachte ich von meinem Fenster aus einen Baum. Seine Blätter sind fast alle abgefallen. Die Zeit der Blüte und der Früchte ist längst vorbei. Eine kleine Meise turnt auf den Zweigen herum. Drei alte Vogelnester geben Zeugnis davon, dass der Baum neuem Leben einst Heimat gab. Ein Nistkasten hängt in der Mitte des Baumes. Er ist unbewohnt. Nichts deutet daraufhin, dass dieser Baum in einigen Monaten wieder in voller Blüte stehen wird. Bis zu dieser Zeit harrt er einfach geduldig aus und lebt von dem, was die Erde, der Regen und die Sonne ihm schenken.

Geduldig und im Vertrauen ausharren kann ein viel stärkeres Zeugnis sein, als der betriebsame Versuch, Früchte hervorbringen zu wollen. Sie werden jetzt nicht kommen. Es ist nicht die Zeit der Ernte.

Ja, es gibt in jeder Gemeinschaft und im Leben jedes Menschen Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Die Freude des Frühlings, die breite Vielfalt und Lebenslust des Sommers und die Ernte im Herbst dient dazu, um im Winter geduldig auszuharren. Im Winter besteht die Nahrung aus Grundnahrungsmitteln, nicht aus Luxusgütern. Das Grundnahrungsmittel des Christen ist die Liebe Gottes. Im Winter muss man danach graben. Der Weg dorthin ist das geduldig ausharrende und beständige Gebet. Sich darin immer wieder einzuüben lehrt uns der Winter. Der Erntetanz und das jubelnde Halleluja gehören in andere Jahreszeiten. So behält der Winter seinen tiefen Sinn. Er führt zu den Fundamenten zurück und konzentriert die Kräfte auf das Eigentliche. Es ist die Zeit der Regeneration, um dann wieder in eine Blütenpracht verwandelt zu werden. Damit hat der Winter sogar etwas sehr Entlastendes!

Dass die Fastenzeit im Winter beginnt und in den Frühling hineinführt hat von daher einen tiefen Sinn.

Nutzen wir die Zeit, indem wir Gott an uns handeln lassen und hören wir ihm dabei sorgsam zu. Wo dies gemeinsam geschieht, entsteht eine warme Geborgenheit, wie sie eben nur im Winter erfahren werden kann. Diese Wärme hat Ausstrahlung.

Ja, es gibt die Jahreszeiten im Leben der Kirche und jedes Menschen. Und jede hat ihren Sinn. Manchmal tummeln sie sich sogar alle zur gleichen Zeit. Erstarrung und Aufbruch, Dürre und Fülle. Und dies alles lebt auch in dir und mir.

Vater, ich will mich wieder einüben in den treuen Dienst des stillen und unablässigen Betens, damit der Boden bereitet wird, um deine Saat aufzunehmen.

 

                                                                                                                                                                                                                                     Bild: Hannah Kundmüller

 

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