Erfahrungsbericht

WESENTLICHE GRUNDERFAHRUNGEN.

Man hat mir von verschiedenen Seiten Mut gemacht, meine Erfahrungen aus der vergangenen Pilgertour doch zu veröffentlichen. Das will ich gerne tun. Mit drei Symbolen möchte ich die wesentlichen Grunderfahrungen beleuchten:

Wenn ich früh am Morgen in die ausgekühlte Pilger-Kirche kam, habe ich zuerst sorgsam Feuer gemacht und den Ofen angeschürt. Im stillen Gebet habe ich auf die erste Wärme gewartet; sie war ein Geschenk! In diesem frühen Morgengebet kamen mir all die Menschen in den Sinn, die frieren müssen und der Kälte schutzlos ausgesetzt sind. Die Straßenkinder dieser Welt, die Obdachlosen, die Flüchtlinge. Der Ofen begann zu erzählen von den Sehnsüchten der Menschen nach Schutz und Wärme und von dem Traum eines friedvollen Hauses. Wie von selbst verwandelte der Ofen diese Menschen zu meinen Schwestern und Brüdern, und die Pilger-Kirche zu einem Palast. Sie haben mich angespornt, meine Gäste mit weitem Herzen zu empfangen.

Diese Einfachheit der Pilger-Kirche stiftet Beziehung und hat mir oft ein Gefühl der Dankbarkeit beschert: für den Ofen, für den Holzscheit und für die Menschen. Das schärft die Achtsamkeit, weil nichts, gar nichts selbstverständlich ist. Damit wächst der Blick für den einmaligen Wert der Geschöpfe. Der Schritt zum Lobpreis für den Schöpfer folgt im nächsten Atemzug wie von selbst. Es war der wunderbare Abschluss eines jeden Tages. Reichtum entfremdet die Menschen voneinander, weil er die Möglichkeit bietet, sich unabhängig zu machen. Und wer viele Dinge besitzt, kann unmöglich eine Beziehung zu allem aufbauen. Damit verliert alles seinen Wert. Reichtum und Wegwerfgesellschaft gehen Hand in Hand.

Immer wieder haben Menschen mir etwas zu essen oder zu trinken mitgebracht. Ich habe erkannt, dass auch meine Bedürftigkeit Beziehung gestiftet hat; sie macht mich empfänglicher. Das Leben ist ein Geben und Nehmen. Ich schenke meine Zeit und leihe mein Ohr. Aber auch mein Gegenüber hat den Willen, mir etwas zu schenken. Manchmal war das ein gutes Wort, die Zusage, mich im Gebet zu begleiten oder eben ein Stück Kuchen oder eine Tasse Kaffee. Das ist die Urgeste des Menschen, um Gemeinschaft herzustellen. Es entstanden Begegnungen auf Augenhöhe von Mensch zu Mensch. Wie oft erzählt das Evangelium von solchen Geschichten. … und Er war mitten unter ihnen!

Jeder Mensch will wahrgenommen werden. Er möchte spüren können, dass sein Leben nicht unbedeutend ist. In einer Welt, die ständig Ausschau nach Sensationen und dem Außergewöhnlichen hält, scheint mein normales Leben belanglos zu sein. Eine gesunde Selbstannahme braucht aber das Ja anderer Menschen. In biblischer Sprache reden wir vom Segen. In Jesus ist Gottes Ja zu uns gesprochen. Wir Menschen sind dazu da, dieses göttliche Ja füreinander zu übersetzen, indem wir uns einander annehmen und segnen. Gott schaut in Liebe auch auf mich und mein bescheidenes Leben. Ich bin von ihm angesehen und genieße sein Ansehen. In diesem Sinne erlebe ich die Pilger-Kirche als segensreichen Ort.

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